Licht in der Finsternis
Paraguay
Bevor wir in die Mission gingen, besuchten wir einige Missionsprojekte in Paraguay. Dabei fiel ein Satz, den wir nie vergessen werden: „Für uns wäre es schon genug, wenn ihr als Familie nach Tobati kommt und hier einfach als intakte christliche Familie lebt“. Was soll das? fragten wir uns: „Einfach als christliche Familie leben“ ist doch kein Missionsprojekt, oder?
Kurz nach Beginn unseres Dienstes sangen wir als Familie in einem evangelischen Gottesdienst, zu dem viele Einwohner von Tobati kamen. Nach dem Gottesdienst kamen einige Leute auf uns zu und sagten uns, zum Teil unter Tränen, wie sehr sie unsere Familie lieben. „Warum sagen die das?“, fragten wir uns. Schließlich haben viele von ihnen selbst große Familien. Wir sollten es bald erfahren.
Eines Tages kam ein Vater in die Musikschule, um den symbolischen Monatsbeitrag für den Musikunterricht seiner Töchter zu bezahlen. Er gab sich als Vater von Luz und Ana aus. Ich war schon öfter in der Gegend, in der die Mädchen wohnen, hatte den Mann aber noch nie gesehen. Also fragte ich ihn, ob er bei ihnen wohne. „Nein“, antwortete er, „ich wohne in einem Nachbardorf und bin mit der Mutter von Hector verheiratet. Hector ist der Drogenabhängige, dem du hilfst“. Ich war verwirrt. Zum einen, weil er mich offensichtlich schon kannte, zum anderen, weil ich Hector, Luz und Ana nicht unter einen Hut bringen konnte. „Ja“, sagte ich, „Hector kenne ich, aber er und seine Mutter haben mir versichert, dass sie geschieden sind.“ „Das stimmt nicht“, antwortete er, „wir sind seit zwei Wochen verheiratet!“ Gut, das erklärte die Situation ein wenig, aber ich wollte es genauer wissen: „Und wie kommt es, dass du der Mann von Hectors Mutter bist, deren Söhne nur wenig jünger sind als du, und außerdem der Vater von Luz und Ana?“
Er begann zu erzählen: „Mit meiner ersten Frau habe ich vier Kinder, dar- unter Luz und Ana. Ich war drogensüchtig und habe nebenbei gedealt. Das habe ich auch Luz beigebracht, die damals 7 Jahre alt war. Irgendwann ging es in meinem Leben nicht mehr weiter. Ich ging in ein christliches Rehabilitationszentrum und wurde frei. Aber meine Frau wollte mich nicht mehr, weil ich der Familie sehr geschadet habe. Sie lebt nun mit einem anderen Mann zusammen. Dieser wurde mit seinen 8 Kindern von seiner Frau verlassen und meine Ex-Frau hat schon ein Kind von ihm. Ich lebe jetzt mit der Mutter von Hector zusammen, zahle aber für die Ausbildung meiner leiblichen Kinder, um den Schaden ein wenig wiedergutzumachen.“
Als er fertig war und meinen schockierten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: „Du bist es nicht gewöhnt, aber in unserem Dorf sind Drogensucht und Unzucht in jedem Haus an der Tagesordnung“.
So traurig das klingt, es ist leider die Regel. Kaum ein Kind wächst bei seinen leiblichen Eltern auf, kaum eine Familie ist intakt. Wenn man das weiß, versteht man die Tränen und die Rührung der Menschen, wenn sie eine intakte christliche Familie sehen.
Jesus sagt in Matthäus 5,16: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
Jesus ist das Licht der Welt. Er wohnt in uns und wir wollen sein Licht in die Dunkelheit dieser Dörfer scheinen lassen. Natürlich tun wir mehr, als „nur“ hier zu leben. Doch unser Leben spricht lauter als alle Worte. Bitte betet für die Menschen in Tobati, für die Kinder und Familien!